Alice in Urwald – Chanel Haute Couture F/S 2015

Sie fragen sich bestimmt, warum ich bei einer Fashion Week in erster Linie über die Chanel Show berichte. Ist sie eine Chanel-Fanatikerin!? Nun ja, es würde vielleicht nicht ganz der Wahrheit entsprechen, wenn ich sagen würde, ich sei es nicht. 🙂 Ich bewundere die Kreativität dieses exzentrischen und verzeihen Sie den Ausdruck leicht bekloppten Modeschöpfers. Es gibt aber auch sehr viele Designer nicht nur bei der Haute Couture, dessen Werke mich faszinieren. Bei Chanel geht es aber nicht nur um das Defillee. Der Mode-Zar erzählt immer eine Geschichte und entführt uns in andere Welten. Die Kulissen sind atemberaubend und stellen das Thema der Kollektion dar.

In der Presse hieß es, Karl Lagerfeld hat sich bei der Chanel Haute Couture Kollektion Spring/Summer 2015 von einem Botanischen Gewächshaus inspirieren lassen. Ein treffender Vergleich, denn es sah auch so aus! Ein stylisches aus gewölbten Glaselementen, rundes Gewächshaus war im Grand Palais eingebaut. Die Scherenschnitt-ähnlichen tropischen Blumen und Bäume drinnen waren aber weiß. Das Model Baptiste Giabiconi, in der Rolle des bezaubernden Gärtners, mit Strohhut und Espadrilles und eine Gießkanne in der Hand, ließ nicht lange auf sich warten. Er goss die Pflanzen und die weiße Kulisse begann sich zu bewegen und entpuppte sich als einen High-Tech Papier Urwald. Die Blumen erblühten vor den Augen der faszinierenden prominenten Gäste in aller Pracht, die die Farbpalette bietet. Es war ein Traum, genau wie in dem gleichnamigen Werk von dem französischen Maler Henri Rousseau, der Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Das Bild- ein traumhafter tropischer Dschungel, blendend dargestellt in mehr als fünfzig Grüntönen. Lagerfeld stellte seinen botanischen Urwald genauso wie Rousseau dar, idyllisch und vereinfacht, nur die Grüntöne ließ er heraus. Karl Lagerfeld inspirierte sich nicht zum ersten Mal von den Werken der Post-Impressionisten. Bei seiner Frühling/Sommer Kollektion 2014 bediente sich der Designer der Punktmaltechnik von Matisse. Mit kleinen, nebeneinander gesetzten Pinselstrichen, Tupfern oder Punkten kreierte er eine vibrierende Wirkung der Farben und setzte sie gekonnt auf die Kleider ein.

Aber zurück aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts in die diesjährige Chanel Haute Couture Show. Das erste Model trat in einem einfärbigen Wool-Anzug auf. Sowohl der Rock als auch das lange Jackett waren in A-Linie. Das Model trug denselben breitkrempigen Strohhut wie der Gärtner, nur etwas modischer: mit schwarzem Tüll umhüllt rundete der Hut den Stil gekonnt ab. Es folgten einige solche schlichte und elegante Kostüme, die dann schnell durch eine neue Linie ersetzt wurden. Es scheint, dass der Mode-Zar die Absicht hat, die Taille zum neuen Dekolleté zu machen. Schon im Jahr zuvor bei seiner Haute Couture Show F/S 2014 stand die Taille im Mittelpunkt (siehe mein Artikel). Die Models trugen damals Korsetts um die Taille. Bei dem diesjährigen Defilee verzichtete er auf Korsetts. Lagerfeld kreierte drei-viertel lange Röhren- und Glockenröcke, die tief auf der Hüfte bauchfrei getragen wurden. Dünne Gürteln, dessen langen Enden frei fielen, umschlangen die tiefe Taille. Er setzte viel Tüll bei den Röcken und Hüten ein und ließ Tweed fransig auf die Taille und Knie fallen. Auf den Kostümen wurden dann bodenlange Tunikas getragen. Sie fielen locker auf die Schulterpartie und warfen dann auf der Taille Falten, die ein Gefühl von Leichtigkeit und Transparenz gaben. Der Traum ging weiter mit vielen bunten, prächtigen Blumen. Die aufwändigen Blumenverzierungen waren so fabelhaft, dass mir die Worte fehlen. Die Show muss man sich einfach ansehen. Blumen in alle Farben und überall. Dazu entweder breitkrempige Tüllhüte oder Strick-Topfhüte mit Blumenverzierungen und Netz vor dem Gesicht. Als ich mir diese Kleider angeschaut habe, ist mir klar geworden, dass ich mir eine neue Version von Alice in Wunderland ansah und zwar Alice im Urwald von Henri Rousseau inszeniert von Karl Lagerfeld höchst persönlich.

Auch die Schuhe passte der Schöpfer dem Motto des früheren 20. Jahrhunderts an. Sie erinnerten an die schwarzen wadenhohen Schnürstiefeletten, die die Damen damals trugen. Nur ohne Absatz und statt Schnürsenkel- aus dünnem Leder schuf er eine sockenartige Verlängerung an den Schuh. Einen solchen Schuh-Socken-Hybrid zeigte er in der F/S Kollektion voriges Jahr aber auf Pumps-Basis. Dabei behielt er die schwarze Farbe bei allen Modellen bei.

Beim Make-up hielt er sich zurück. Die Augenpartie schien nur leicht mattiert zu sein, ohne farbigen Lidschatten – ganz natürlich. Der Akzent lag auf dem Mund, knalliges Orange-rot. Die Haare waren in einem lockeren Zopf geflochten, der in einer Blume mündete. Alles ganz natürlich und Mädchenhaft!

Wieder einmal eine ganz gelungene Show. Chanel blieb seiner Vorjahreslinie treu und präsentierte eine jugendliche Couture Kollektion, voll Vitalität und Eleganz. Ich bin völlig begeistert und kann nur hinzufügen und es auch wirklich wünschen: „Lang lebe der König!“

 

Korsetts

Schuhe



mehr Fotos von der Chanel Haute Couture Kollektion F/S 2015 finden Sie hier.

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4 Comments

  1. Chanel macht echt immer die besten Shows – einfach nur traumhaft!!

    Petra Kirschblüte
  2. Great comparison! love the socks trend!

    Iman
  3. wer kann Chanel schon wiederstehen? … an den Schuh-Socken-Trend kann ich mich jedoch nicht gewöhnen 😉

    <3 TIna
    https://liebewasist.wordpress.com/

    liebe was ist
  4. Ja Chanel verzaubert einen wirklich immer mit traumhaften Traumwelten 🙂

    http://www.thefashionfraction.com

    Michèle

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